Schüleraustausch zu deutsch-polnischer Geschichte in Kreisau
Studientage des Geschichts-LKs und Co. vom 27.11- bis 31.11.2024
Die Schülerinnen und Schüler der GCLS aus dem Geschichte Leistungskurs haben seit dem letzten Jahr einen intensiven Austausch mit polnischen Jugendlichen aus der Warschauer Partnerschule “XXVIII Liceum Ogólnokształcące im. Jana Kochanowskiego”.
Die polnischen Schülerinnen und Schüler haben als erstes vor den Herbstferien die GCLS in Ober-Ramstadt besucht. Danach reisten die deutschen Schüler nach Polen, um Warschau kennenzulernen. Natürlich lernten wir auch ihre Schule kennen und sammelten Erfahrungen mit dem polnischen Schulsystem. Neben der persönlichen Begegnung beeindruckte uns die Stadt und ihre besondere Geschichte. Auch wenn man es nicht immer direkt sieht, ist Warschau auf der einen Seite vom brutalen Vernichtungskrieg der Deutschen und auf der anderen Seite von 40 Jahren totalitärer Herrschaft des Kommunismus geprägt.
Abschließend, um den Austausch abzurunden, trafen sich Deutsche und Polen auf dem ehemaligen Schlossgut der Grafen von Moltke in Kreisau. Heute ist dieser Ort eine Begegnungsstätte für Deutsche und Polen und vor allem für deutsch-polnische Geschichte.
Kreisau: „Mut und Versöhnung“ in Polen
Viele von uns waren gespannt auf die Fahrt nach Kreisau oder Krzyżowa, wie es seit 1945 heißt. Generell ist der Ort mit 220 Einwohnern wenig bekannt und hat nur 220 Einwohner. Spannend und interessant war es zu erfahren, was Kreisau so besonders macht in Bezug auf seine polnisch-deutsche Geschichte. Viele Schüler wollten natürlich auch ihre Freunde aus dem anderen Land sehen, denn es hatten sich bereits über die letzten zwei Fahrten diverse Freundschaft zwischen Polen und Deutschen bilden können.
Das damalige Anwesen der Familie Moltke, diente während der NS-Zeit als ein Ort des Widerstands und der Opposition gegenüber dem nationalsozialistisch Regime. Hier trafen sich Menschen aus vielen unterschiedlichen politischen und gesellschaftlichen Richtungen um dich gegen Hitler zu verbünden. Heute ist Krzyżowa/Kreisau ein besonderer Ort der Begegnung für die deutsch-polnische Geschichte.
Nach einer langen Fahrt trafen sich Sonntagabends polnische und deutsche Schüler zu ihrem ersten gemeinsamen Workshop. Nach dem Kreisauer Motto „Mut und Versöhnung“ sollten die Workshops die Beziehungen zwischen den Schülern stärken und vor allem sollten diese dazu angeregt werden, sich mehr Gedanken über ein gegenseitiges kulturelles und gesellschaftliches Verständnis miteinander zu machen.
Die Aktivitäten der Workshops umfassten unter anderem verschiedene Diskussionen und kritische Auseinandersetzung über Diskriminierungen, Xenophobie, Homophobie, Rassismus, Antisemitismus usw. Welches dieser Themen ist für dich das gesellschaftlich wichtigste? Welches ist das in der Gesellschaft kritisch betrachtete oder aktuellste Thema? Viele Schüler erlangten die Erkenntnis, dass so eine Einordnung nicht allzu einfach ist und man nicht so leicht sagen kann, welches der Probleme wichtig und weniger wichtig ist. Alle Probleme sollten in einer Gesellschaft beachtet werden. Vor allem als die Schüler in tiefe Gespräche kamen, merkten sie, wie unterschiedlich Wahrnehmungen sein können und das sowas sehr von der Erfahrung jedes Einzelnen abhängt. Gesellschaftliche Probleme, die man selbst erfahren hat, neigt man dazu höher einzuordnen als andere. Irgendwo auch verständlich – selbstverständlich sollten aber alle Formen von Diskriminierungen beachtet werden. Es wurden viele Gemeinsamkeiten der beiden Nachbarländern in Europa festgestellt, allerdings gab es auch ein paar interessante Unterschiede.
Eindrücke aus der gemeinsamen Geschichte: Besuche von Groß-Rosen und Breslau
Als eines der damalig kulturell und religiös vielfältigsten Länder Mitteleuropas, litt Polen während des Zweiten Weltkrieges ganz besonders unter dem massiven Rassenkrieg der Nazis und der unglaublich hohen Anzahl an zivilen Opfern. So trug auch das Konzentrationslager Groß-Rosen seinen Teil an der Ermordung von politischen Staatsfeinden, Polen, Juden und anderen ethnischen Minderheiten bei. Der Ausflug in das 30 Kilometer entfernte Lager, ehemals ein Steinbruch, wird gewiss allen Schülern auf Ewig im Gedächtnis bleiben. Ein besonderer, aber zugleich auch zutiefst erschreckender Anblick. Alle Schülerinnen und Schüler wissen selbstverständlich von den schrecklichen Ereignissen aus dem zweiten Weltkrieg. Dennoch, lesen und hören ist anders als die hautnahe Begegnung mit einem zentralen Schauplatzes des Massenmords. Der eigene Sinneseindruck ist eine völlig andere Art Geschichte zu erfahren.
Gemeinsame Erlebnisse und entstandene Freundschaften
Highlights waren der Ausflug in die Stadt Breslau (polnisch: Wroclaw), eine kulturell und geschichtlich sehr vielfältige und wichtige Stadt des heutigen Polens, die wie kaum eine andere für die oft schwierige deutsch-polnische Geschichte steht.Weiterhin begleiteten uns in Kreisau kreative Workshops und Aufgaben, die wir gemeinsam mit den polnischen Jugendlichen lösten. Nicht zu vergessen, sind die schönen und langen Abende, die die polnischen und deutschen Schüler, teils auch mit ihren Lehrkräften, zusammen verbrachten. Kulturell, sozial und politisch lernten wir voneinander viel durch gemeinsames kochen, singen, tanzen oder einfach nur reden.
„Mut und Versöhnung“, das Motto von Krzyżowa/Kreisau, wurde den Jugendlichen beider Schulen in seiner Bedeutung nähergebracht. Wir glauben, dass durch die Exkursion und das Projekt ein ausgeprägtes, gegenseitiges Verständnis für ein gemeinsames Miteinander und für die Geschichte und die Menschen in Polen entstanden ist. Wir glauben auch, dass die meisten Jugendlichen aus Warschau das ebenfalls so sehen, das zeigte der herzliche Abschied am letzten Tag.
David Kump, Christian Dushev