“We played together, we lived together, we laughed together – until 1933”
(Trudy Isenberg 2016 in einem ihrer Briefe an die Schülerinnen und Schüler)
Gehobene Daumen, lächelnde Passanten und viel Lob: Das neue Erinnerungskulturgraffito in der Hohlgasse:
Wie kann man Erinnerungskultur und Menschenrechte direkt vor die Nase der Stadtgesellschafft setzen? Wir an der GCLS gestalteten in der Projektwoche ein neues Graffiti zum Leben von Trudy Isenberg, geborene Bendorf, aus Ober-Ramstadt. Ausgehend vom Leben der Holocaustüberlebenden in den 30er Jahren, wollten wir eine starke Botschaft für Menschenrechte, Toleranz und Miteinander für heute zu setzen.
Ausgrenzung, Verfolgung und Flucht
Trudys Geschichte ist die Geschichte einer glücklichen Kindheit in Deutschland, die durch das NS-Regime jäh beendet wurde. Nach 1933 folgt Ausgrenzung, Entrechtung und Verfolgung. Nach der Pogromnacht in Ober-Ramstadt am 9. November 1938 bleibt ihr nur die Flucht. Inmitten der tagelangen Ausschreitungen in Ober-Ramstadt wird Trudy am 12. November 18 Jahre alt. Ihre Eltern können mit ihrem letzten Geld nur noch ihre Tochter in Sicherheit bringen. Der Rest der Familie überlebt den Holocaust nicht.
Stolpersteine gegen Rassismus und Antisemitismus
2012 wurden in der Hammergasse Stolpersteine für sie und ihre Familie verlegt. Ihre Geschichte ist auch eine Geschichte für heute. Auch aktuell flüchten Menschen vor Verfolgung und Krieg, auch heute gibt es noch Ausgrenzung, Rassismus und Antisemitismus.
Wir sind mit der Familie von Trudy auch weiterhin in Kontakt und wollen mit ihnen zusammen ein wichtiges Zeichen setzen.
Bedeutung unseres Graffiti
Unser Das Bild schließt mit dem Symbol der Hände. Die Hände sollen ein Symbol der Inklusion sein, sie sollen den Zusammenhalt und das Miteinander zwischen allen Menschen darstellen.
Der Begriff von „Tikkun Olam“ auf dem Armband bedeutet „Die Welt heilen, bzw. die Welt reparieren“ und ist eine jüdische Tradition, die Trudy und ihrer Familie sehr wichtig war. Dabei geht es um Mitmenschlichkeit und Miteinander zwischen allen Menschen.
Unsere Bildergeschichte beginnt mit dem Kurzwarenladen der Familie, und einem Foto aus der glücklichen Kindheit, das sie mit ihren Cousins zeigt.
Die darauffolgende brennende Geburtstagstorte bezeichnen das jähe Ende ihrer Kindheit und die Schrecken der Pogromnacht. Direkt daneben befinden sich ein Koffer mit der Aufschrift „Zukunft“ und ein Bild von ihr. Diese Elemente und das Papierschiffchen mit der Flagge der USA stehen für ihre Flucht und Rettung. Die Fußstapfen stellen den Abschied ihrer Eltern und die letzten Worte ihres Vaters dar.
Die Briefe und die Stolpersteine stellen die aufgebaute Verbindung zur Familie und die Erinnerung an die Verstorbenen dar.
Stimmen von Anwohnern und Passanten
„Ich finde das sehr schön, dass ihr das macht. Das erinnert mich an meine Verwandten, die wegen des Krieges zwischen Pakistan und Indien fliehen mussten und auch mehr als 70 Jahre nicht mehr nach Hause zurückkommen konnten …“
„Das Graffiti erinnert mich an meine Familie, die mussten auch flüchten … „
„Mir gefällt das Graffiti sehr gut – ich finde es super hier an Toleranz und Miteinander zu erinnern – ihr könnt wenn es nach mir geht noch ganz viele Häuser so bemalen.“
„Ein schönes Graffiti! Das ist zur Pogromnacht, oder? Sehr gut gelungen!“
Eine ältere Frau mit Rollator: „Ich finde es sehr wichtig was ihr macht – Danke schön an euch alle!“
Besuch der Familie im August 2023
Der Besuch der Familie mit den Kindern von Trudy, ihren Enkeln und Urenkeln Anfang August war sehr emotional. Nach dem Empfang durch den stellvertretenden Bürgermeister gab es einen kleinen Rundgang zu Stationen aus Trudys Leben, bis zum gemeinsamen Besuch des Graffiti. Hier wurden doch einige Tränen auch gemeinsam vergossen. Trudys Tochter lobte vor allem die Sorgfalt und das große Einfühlungsvermögen in Trudys Gedanken und Gefühlswelt. Wichtig war den Gästen auch, dass das „Mural“, wie es auf Englisch heißt, eine Botschaft für heue hat.
Am Abend wurde gefeiert und vor allem die Jugendlichen hatten Spaß beim gemeinsamen durchprobieren von hessischen Spezialitäten.
Text: Marla von Werner, Caroline Breiter und Emma Semus
Konzept und Umsetzung des Graffito:
Agnes Micaelis, Ava Delphina Hermine Menger, Marla von Werner, Caroline Breiter, David Buntkowsky, Emma Semus, Liv Brockhus, Luisa Kramer, Mihaela Krizanovic, Anh Ngguyen, Rike Huhn, Ryan Mominee, Madeleine Rohr
Workshop: Lea Kimmerle, Harald Höflein
Director of Art: Jörn Heilmann