Wilhelm Leuschner, ein Leben für die Demokratie

Ein

Das war „Mein Vaterland wach auf“ aus dem Liederheft von Wilhelm Leuschner aus seiner Volksliedersammlung. Hört sich etwas komisch an, nicht wahr? Er hat diese Volkslieder aus dem Gedächtnis heraus während des Krieges aufgeschrieben. Ichstelle mir vor, wie er vielleicht in einem Schützengraben oderunter einem Erdhaufen zusammen gekauert liegt während links und rechts Granaten einschlagen. Diese komische, vielleicht auch apokalyptische Anordnung der Noten war von Wilhelm wahrscheinlich beabsichtigt, sie entsprechen nicht dem Original, aber verdeutlichen seine psychische Notsituation in diesem Moment. Eben genau das macht dieses Liederheft zu etwas ganz Besonderem. Mit präziser Handschrift und Linienführung, verziert mit manchen Bildchen, schreibt er unzählige Volkslieder mit Text und Noten in ein kleines Heftchen. Mitten in Tod, Sterben und Gewalt. Bestimmt kannte er die Volkslieder alle auswendig. Das eigentlich romantische Lied „Mein Vaterland wache auf“ könnte man vielleicht auch als politische Hoffnung für ein Ende des Krieges werten.
Laetitia Tobiasch